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BGH: Bei Fahrlässigkeit im Abgasskandal haftet der Autobauer und nicht der Motorhersteller

12.07.2023

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteilen vom 26. Juni 2023 entschieden, dass Schadenersatzansprüche im Abgasskandal schon dann bestehen, wenn der Autohersteller nur fahrlässig, also nicht mit Vorsatz, gehandelt hat. In einem weiteren Urteil vom 10. Juli 2023 stellte der BGH klar, dass sich Schadenersatzansprüche wegen Fahrlässigkeit in der Regel gegen den Fahrzeughersteller und nicht gegen den Motorenhersteller richten (Az.: VIa ZR 1119/22).

Im VW-Konzern war Audi für die Entwicklung der großvolumigen Dieselmotoren mit 3 Litern Hubraum und mehr verantwortlich, die nicht nur in verschiedenen Audi-Modellen, sondern auch im Porsche Macan, Cayenne oder VW Touareg zum Einsatz kamen. Auch in diesen Motoren gab es unzulässige Abschalteinrichtungen. „Klagt der Käufer eines Porsche nun auf Schadenersatz wegen Fahrlässigkeit, muss sich seine Klage gegen Porsche und nicht gegen Audi als Motorenhersteller richten. Ein Audi-Käufer muss hingegen gegen Audi klagen, da Fahrzeug- und Motorenhersteller identisch sind“, sagt Rechtsanwalt Frederick M. Gisevius, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.

In dem zu Grunde liegenden Verfahren am BGH hatte der Kläger 2019 einen gebrauchten Porsche gekauft. In dem Modell ist ein von der Konzernschwester Audi hergestellter Dieselmotor des Typs EA 897 verbaut. Das Kraftfahrt-Bundesamt hatte wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung einen Rückruf für das Modell angeordnet. Strittig blieb, ob noch vor dem Kauf des Fahrzeugs ein Software-Update aufgespielt wurde. Unabhängig davon sei aber nach wie vor ein Thermofenster bei der Abgasreinigung vorhanden, so der Kläger, der Schadenersatzansprüche gegen Audi als Herstellerin des Motors mit der unzulässigen Abschalteinrichtung geltend machte.

„Damit ging die Klage jedoch an die falsche Adresse. Sie hätte sich gegen Porsche als Fahrzeugherstellerin richten müssen“, so Rechtsanwalt Gisevius. Der BGH stellte klar, dass Porsche der Anspruchsgegner ist, weil der Autohersteller und nicht der Motorenhersteller die Übereinstimmungsbescheinigung ausstellt. Mit dieser Bescheinigung bestätigt der Autobauer, dass das Fahrzeug den europäischen Vorgaben entspricht. Der Motorhersteller habe damit nichts zu tun, so der BGH. Daher stehe auch der Autohersteller in der Haftung. Da sich die Klage aber gegen Audi richtete, wiesen die Karlsruher Richter die Klage ab.

Rechtsanwalt Gisevius: „Das bedeutet nicht, dass keine Schadenersatzansprüche bestehen. Sind Motorhersteller und Fahrzeughersteller aber nicht identisch, muss der Autobauer in Anspruch genommen werden, in diesem Fall also Porsche.“

Der BGH hatte am 26. Juni 2023 entschieden, dass im Dieselskandal auch Schadenersatzansprüche möglich sind, wenn der Autobauer eine unzulässige Abschalteinrichtung nur fahrlässig verwendet hat. „Damit hat der BGH die Hürden für die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen insbesondere beim Thermofenster erheblich gesenkt, da der Vorsatz hier nur schwer nachzuweisen ist. Bei anderen unzulässigen Abschalteinrichtungen kommen aber nach wie vor auch Schadenersatzansprüche wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung in Betracht“, so Rechtsanwalt Gisevius.

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