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Audi Abgasskandal - Schadenersatz wegen Fahrlässigkeit möglich - BGH VIa ZR 533/21

26.07.2023

Schon Fahrlässigkeit reicht im Abgasskandal für Schadenersatzansprüche aus. Das hat der Bundesgerichtshof mit Urteilen vom 26. Juni 2023 deutlich gemacht (Az.: VIa ZR 335/21 / VIa ZR 533/21 / VIa ZR 1031/22). Damit hat der BGH die Hürden für die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen insbesondere auch bei Fahrzeugen mit dem weit verbreiteten Thermofenster erheblich gesenkt. „Dabei stellte der BGH in einem Fall fest, dass Schadenersatzansprüche wegen Fahrlässigkeit auch dann noch bestehen können, wenn der Käufer das Auto erst nach einem Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamts erworben hat“, sagt Rechtsanwalt Frederick M. Gisevius, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.

Konkret ging es in dem Fall zum Aktenzeichen VIa ZR 533/21 um Schadenersatzansprüche bei einem Audi SQ5 3.0 TDI mit dem Dieselmotor des Typs EA 896 Gen2 und der Schadstoffklasse Euro 6. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hatte schon Ende 2017 für das Modell einen Rückruf wegen unzulässiger Abschalteinrichtungen, u.a. der sog. Aufheizstrategie, angeordnet. Der Kläger hatte den Audi SQ5 erst danach im Mai 2018 als Gebrauchtwagen gekauft. Im Juli 2019 wurde er von Audi über den Rückruf informiert und aufgefordert, sein Fahrzeug in die Werkstatt zu bringen, damit die unzulässige Abschalteinrichtung entfernt und ein Software-Update installiert werden kann.

Der Kläger ließ das Update nicht aufspielen, sondern machte Schadenersatzansprüche wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen, u.a. wegen eines Thermofensters bei der Abgasreinigung, geltend.

Das OLG Köln wies die Klage zurück. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Schadenersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB. Zur Begründing führte das Gericht aus, dass Audi sein Verhalten nach dem Rückruf geändert und u.a. die Vertragshändler angewiesen habe, Käufer betroffener Fahrzeuge über den Rückruf wegen unzulässiger Abschalteinrichtungen zu informieren. Zudem habe Audi ein Software-Update entwickelt, um die Abschalteinrichtung zu entfernen und in den Medien sei umfassend darüber berichtet worden. Von einem sittenwidrigen Verhalten Audis sei beim Abschluss des Kaufvertrags im Mai 2018 daher nicht mehr auszugehen gewesen.

Der BGH bestätigte, dass keine Schadenersatzansprüche wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB bestehen. Allerdings habe das OLG Köln zu Unrecht angenommen, dass auch kein Schadenersatzanspruch wegen Fahrlässigkeit gemäß § 823 BGB vorliegen könnte.

In dem Fahrzeug komme unstreitig ein Thermofenster bei der Abgasreinigung zum Einsatz, so die Karlsruher Richter. Nach der Rechtsprechung des EuGH kann ein Thermofenster eine unzulässige Abschalteinrichtung darstellen, wenn die Abgasreinigung schon bei im Jahresdurchschnitt üblichen Außentemperaturen reduziert wird. Audi sei somit zu unterstellen, zumindest fahrlässig eine unzutreffende Übereinstimmungsbescheinigung für das Fahrzeug ausgestellt zu haben.

Der BGH hat das Urteil des OLG Köln gekippt und den Fall zur erneuten Entscheidung an das OLG zurückverwiesen. Das OLG muss nun prüfen, ob Audi zumindest fahrlässig gehandelt und sich schadenersatzpflichtig gemacht hat. „Audi muss dann darlegen, weder vorsätzlich noch fahrlässig gehandelt zu haben. Der Nachweis dürfte aber nur schwer zu führen sein“, so Rechtsanwalt Gisevius.

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Anders als bei vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung hat der Kläger bei Fahrlässigkeit des Autoherstellers keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags, sondern auf Erstattung des Differenzschadens. Der beträgt nach der Rechtsprechung des BGH zwischen 5 und 15 Prozent des Kaufpreises und der Kläger kann das Auto behalten. Ein Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer wird nur angerechnet, wenn sie zusammen mit dem Restwert des Fahrzeugs den gezahlten Kaufpreis übersteigt.

Die Rechtsprechung des BGH zu Schadenersatzansprüchen wegen Fahrlässigkeit im Abgasskandal zeigt inzwischen Wirkung. So hat das Landgericht Frankenthal mit Urteil vom 5. Juli 2023 einem BMW-Käufer Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens zugesprochen (Az.: 6 O 335/22).

In vielen Fällen kann aber auch nach wie vor Schadenersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung in Betracht kommen. Audi-Käufern dürfte dabei das Geständnis des ehemaligen Audi-Chefs Stadler zugutekommen. Die Kanzlei BRÜLLMANN Rechtsanwälte ist Kooperationspartner der IG Dieselskandal und bietet Ihnen eine kostenlose Ersteinschätzung Ihrer Möglichkeiten an. Sprechen Sie uns an.

Mehr Informationen: https://bruellmann.de/der-bgh-schadensersatz-im-abgasskandal

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